[Rezension] Marc Raabe „Der Morgen“

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Einleitung

Hallo liebe Bücherwürmer. Vor ein paar Wochen zog dieses Buch meine Aufmerksamkeit auf sich. Vom Titel oder gar vom Autor hatte ich zuvor noch nie etwas gehört, geschweige denn gelesen. Das dürfte ein paar von euch schockieren, da letzterer offenbar alles andere als unbekannt ist. Zum Glück hat sich das nun geändert.

Der Klappentext verspricht eine spannende, aber nicht unbedingt neue Geschichte. Zugegeben, heutzutage kann kaum ein Autor das Rad neu erfinden. Lieber das Altbewährte etwas aufpolieren. Da macht man meistens nichts falsch. So wie in diesem Fall.

Ein berüchtigter, aber sehr eigener Ermittler trifft auf eine unerfahrene Ermittlerin, welche sich zu Beginn die Zähne an ihm ausbeißt. Dazu kommt noch eine durchaus spannende Vergangenheit, welche Art Mayer und den Bundeskanzler verbindet. Ob diese wohl Grund für die neusten Ereignisse ist? Wer weiß.

Eines vorweg. Erfreulicherweise macht es uns der Autor nicht ganz so einfach. Es wäre ja allzu logisch, wenn die Vergangenheit die aktuellen Ereignisse direkt beeinflusst hätte. Das wäre sehr vorhersehbar und ab der Hälfte eher langweilig bis unspannend gewesen.

Nun aber viel Spaß mit meiner Rezension. Hinterlasst mir wie immer gerne eure Meinung, oder eine nette Nachricht.


Grober Handlungsverlauf

Worum geht es? Ein verlassener Kleinlaster zieht im morgendlichen Schneegestöber seine Aufmerksamkeit auf sich. Er steht nicht etwa verlassen am Straßenrand, sondern auffällig an der Berliner Siegessäule. Offenbar war es vom Fahrer vorgesehen, dass sein Fahrzeug gesehen wird. Dass ersterer zunächst unauffindbar ist, macht die Sache nicht weniger verdächtig. Als dann die Polizei aufgrund diverser Umstände eintrifft und den Kleinlaster durchsucht, wird schnell klar, warum der Fahrer vor Eintreffen der Ermittler nicht mehr vor Ort sein wollte. Auf der Ladefläche finden diese eine halb nackte Frau.

Tot. Mit der Privatadresse des Bundeskanzlers beschmiert. Daraufhin wird der Ermittler Artur Mayer, eine Legende bei der Polizei, eingeschaltet, um den Fall zu lösen. Was seine Kollegen und auch er nicht wissen: Bei dem Täter handelt es sich nicht um irgendjemanden.

Die Lösung des Falles scheint in der Vergangenheit von Artur, des Bundeskanzlers und dessen Frau vergraben zu sein.


Mein Fazit

Wo fange ich an? Am besten bei der größten Stärke dieses Buches. Die Charaktere. Egal, ob es sich um die tragenden oder Nebensächlichen handelt, nahezu alle wurden gut bis sehr gut ausgearbeitet und dargestellt. Angefangen mit Artur Mayer. Dieser wirkt zu Beginn wie der typische grimmige und einzelgängerische Ermittler, wie wir ihn aus zahlreichen Büchern und Serien kennen. Jedoch ist dieser im Gegensatz zu den etlichen Vorlagen alles andere als eindimensional. Wie viele Informationen Leser über ihn aus der Vergangenheit erfahren, ist bemerkenswert. Diese bekommen wir nicht auf einmal präsentiert, sondern immer im richtigen Moment. Zum Glück hat der Autor darauf verzichtet, uns diese per unnötigen Cliffhangern mitzuteilen. Er springt einfach geschickt zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her.

Auch seine neue Kollegin, welche zwar das Klischee einer neuen naiven Ermittlerin erfüllt, aber ein paar zusätzliche Eigenschaften spendiert bekommen hat, ist gut gelungen. Das Ermittlerteam selbst wurde kompakt und übersichtlich gehalten. Es wurde also nicht auf Krampf versucht, eine Mannschaft zu schreiben, welche man nach einem Kapitel wieder vergessen hat. In diesem Fall reichten eine Handvoll davon aus, um alles glaubhaft rüberzubringen. Der Fokus lag natürlich trotzdem immer auf Artur Mayer. Logisch, die Buchreihe wurde ja auch nach ihm benannt.

Ähnliches gilt für den Bundeskanzler und dessen Frau, welche unseren Ermittler offenbar von früher kennen. Ob diese Bekanntschaft den Fall beeinflusst? Jein. Es gibt Situationen, in der diese sogar die aktuellen Ermittlungen behindert, jedoch meistens dazu beiträgt, Schritt für Schritt vorwärtszukommen.

Die Handlung selbst wird bis zum ersten Drittel in zwei Teile aufgeteilt. Die Vergangenheit, welche die lose Basis für die aktuellen Ereignisse darstellt und den gegenwärtigen Charakteren etwas mehr Tiefe gibt und die Gegenwart in der sich die aktuellen Ermittlungen abspielen. Da sich in ersterer alle mit Spitznamen anreden, bleibt es eine Zeit lang ungewiss, wer wer ist. Jedoch mit etwas Grips zügig herausgefunden werden kann. Das tut der Spannung zunächst keinen Abbruch.

Jedoch wurde mir die Vergangenheit zu schnell abgehakt. Ich hätte gerne mehr über die Zeit nach bestimmten Ereignissen erfahren, oder was es mit seitdem verstorbenen Charakteren auf sich hat. Natürlich, es geht um die aktuellen Ermittlungen und nicht um Jugendsünden, aber trotzdem fehlte mir etwas. Vielleicht in Teil zwei? Ich würde mich darüber freuen.

Aber dem ersten Drittel geht es dann nur noch um den Fall. Der mit Fortschreiten des Buches immer mehr an Fahrt gewinnt. Vor dem großen Showdown und der Verhaftung des Täters ist meiner Meinung nach noch alles in Ordnung. Die Ermittler haben genügend Material, um eine ganz bestimmte Person dingfest zu machen. Und dann kommt alles anders. Denn eine Person, welche bisher noch keinen Auftritt hatte und auch in der Vergangenheit eher unauffällig war, scheint die Lösung zu sein. Dieser Moment erinnerte mich (leider) zu sehr an einen Fitzek Roman.

Ich weiß, solche Twists sollen für einen weiteren Spannungsschub und Neugier sorgen, jedoch fand ich hier die Lösung etwas weit hergeholt. Ja, man kannte den Charakter schon vorher, auch spielte er zuvor eine Nebenrolle, aber für eine große Enthüllung bot er mir zu wenig. Auch seine Endszene rettete diesen Eindruck nicht.

Trotz des eher unbefriedigenden Endes handelt es sich hier um einen guten Einstieg in eine neue Reihe. Nicht perfekt, nicht grottenschlecht. Solide. Bin gespannt auf Teil zwei.


Buchinformationen

VerlagUllstein
AutorMarc Raabe
Erscheinungsjahr2023
GenreThriller
Seiten592
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Informationen über den Autor

MARC RAABE hat eine TV- und Medienproduktion aufgebaut, bevor er sich 2021 für ein Leben als Autor entschied. Zu diesem Zeitpunkt begann er mit der Art Mayer-Serie. Seine Bestseller erscheinen in mehr als zehn Sprachen. Sein Handwerkszeug sind filmisches Erzählen, Schnitttechniken, Cliffhanger und Psychologie. Das Ergebnis: ein rasantes Kopfkino mit Tiefe. So wie seine Ermittlerfiguren bricht auch Marc Raabe hin und wieder Regeln.


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