[Rezension] Johanna Wolfmann „Als wir verschwanden“

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Einleitung

Stell dir vor, du wachst irgendwo im Nirgendwo weit weg von der Zivilisation auf. Rundherum nichts. Deine Freunde, mit denen du zuvor noch unterwegs warst, sind verschwunden. In deinem Kopf herrscht Chaos. Deine Gedanken irren umher.

Das Strom- und Telefonnetz sind komplett ausgefallen.

Welche Gedanken würden dir zuerst durch den Kopf gehen?

Schaffst du es ohne technische Hilfsmittel in die nächste Stadt?

Was dann? Gibt es außer dir noch jemanden, oder bist du plötzlich alleine auf dem Planeten Erde?

Glücklicherweise ist dir gerade (hoffentlich) nichts davon passiert. Aber was wäre wenn? Johanna Wolfmann war offenbar sehr angetan von diesem Gedanken und spann diesen munter weiter, und weiter. Ohne ihre Nachricht auf Instagram hätte ich nie von diesem Buch erfahren. Auch wenn es auf dem Postweg zu „Turbulenzen“ gekommen ist, lag es im Anschluss unbeschadet in meinen Händen. Danke dafür. 😀

Wie immer gilt: Meine Meinung wird nicht beeinflusst, nur, weil ich das Buch umsonst bekommen habe. Wie sonst auch liefere ich euch meine ehrliche Meinung.

Viel Spaß mit meiner Rezension. Ich freue mich wie immer über eure Meinung. 🙂


Grober Handlungsverlauf

Mit Erinnerungslücken und einem schwummrigen Gefühl erwacht Anna auf der Seacloud der Yacht ihres Bruders. Es ist gespenstisch still. Eigentlich müsste sie die Geräusche der anderen Crewmitglieder hören. Es ist viel zu ruhig. Sie hört nur das Wasser, welches am Schiff entlang fließt. Nach einem Rundgang und Rufen muss Anna feststellen, dass sie alleine ist.

Mitten im Nichts. Um sie herum ist nur Wasser. Kein Land in Sicht. Kein Orientierungspunkt der ihr zumindest einen Hinweis auf den aktuellen Standort gibt.

Nachdem Anna die Situation, so gut es geht, erfasst hat, beginnt sie sich einen Weg Richtung Land zu bahnen, nur um festzustellen, dass auch dort keine Menschenseele mehr zu finden ist. Ist sie in einem Paralleluniversum gelandet, welches sie für ihre Sünden bestraft, oder wurde der Planet von einer Alienrasse übernommen? Unsere bis dato einzig Überlebende hat keine Antworten darauf.

Als Anna endlich auf andere Menschen, welche nicht ihre Begleiter sind, trifft, klären sich ihre Fragen nicht auf. Im Gegenteil. Es kommen immer noch mehr dazu. Genauso wie Überlebende.

Je größer die Gruppe wird, desto tiefsinniger werden die Fragen. Warum haben gerade sie überlebt? Sind sie der „Putztrupp“ um die Überreste der Menschheit zu beseitigen, oder hat eine höhere Macht einen ganz besonders fiesen Plan für ausgeheckt um diese zu bestrafen?

Während sich die Überlebenden all diese Fragen stellen, streifen sie durch eine leere Welt, mit der Hoffnung Antworten auf ihre zahlreichen Fragen zu finden.

Irgendjemand weiß, was passiert ist und kann viele vergangene und kommende Ereignisse erklären. Eines ist jedoch klar: Eine Welt wie diese es war, wird es nicht mehr geben.


Mein Fazit

Bisher kam es selten vor, dass mich ein Buch nicht nur gefesselt, sondern auch überwältigt hat. Wenn so ziemlich alle sitzt und passt und ich mich einfach in die Geschichte fallen lassen kann, dann ist es perfekt.

Der Beginn einer Handlung muss die Leser sanft aber bestimmt an der Hand führen und zeigen, womit er/sie es zu tun hat. Der Anfang des sprichwörtlichen roten Fadens, wenn man so will.

Das Erwachen im quasi Nichts, die Sondierung der Lage, Annas Gefühlschaos, erste Hinweise auf ein eher gewaltfreies Verschwinden der Crewmitglieder, Dinge, die sie noch nicht begreifen kann. All das wurde in gut verträgliche Stückchen eingeteilt, die nur darauf warten, von euch verschlungen zu werden. Mit wenigen Worten wird uns Annas Lage erklärt. Wo sich unsere offenbar einzige Überlebende befindet, was sie denkt und fühlt. Bis zum ersten Kontakt mit dem Festland ist, noch komplett unklar, wohin die Reise geht.

Die ersten Schritte in der leeren Welt, wurde von der Autorin mit viel Liebe zum Detail beschrieben. Glücklicherweise bleibt uns dieser Stil bis zum Ende erhalten. Anna durchlebt eine große Bandbreite an Gefühlen. Dabei reißt sie nicht nur von Ort zu Ort auf der Suche nach Essen und Ressourcen, sondern auch gedanklich in ihre Vergangenheit, wo fast alles in Ordnung war. Mit der Zeit erfahren immer mehr über Anna. Ihre Zeit zuvor wird immer wieder angeschnitten. Auch die sexuellen Vorlieben spielen eine nicht zu verachtende Rolle. Ich war mich zu Beginn nicht sicher, was ich davon halten soll. Ja, es ist mal etwas anderes, aber für manche dürften diese zu viel des Guten sein. Letzten Endes konnte ich mich halbwegs damit anfreunden.

Als sich ihr Weg mit anderen Überlebenden kreuzt, kommt frischer Wind in die Handlung. Endlich hat sie jemanden, mit dem sie sich austauschen kann. Offenbar haben alle ähnliche Beobachtungen gemacht. Es wird lebhaft in mehreren Sprachen diskutiert, zusammengeholfen, nur um zu überleben. Irgendetwas scheint mit ihrem Heimatplaneten passiert zu sein, oder es ist gerade etwas im Gange, was sie weder begreifen noch erklären können. Wie geht es weiter, wenn sie an ihrem endgültigen Ort angekommen sind? Werden sie es überhaupt bis dahin schaffen, oder zuvor zu Sternstaub zerfallen?

Auch wenn die Thematik eine eher düstere Stimmung vermuten lässt, gibt es relativ oft schöne und emotionale Momente. Diese werden genutzt, um an alte Zeiten zu denken, Erlerntes zu nutzen, um neue Dinge zu erschaffen. Sich das nun stark vereinfachte Leben angenehmer zu machen. Bis dahin ist noch alles in Ordnung. Bis zu jenem Tag als auch die Überlebenden feststellen müssen, dass es für sie kein Entrinnen gibt. Doch was passiert, wenn sich ihre Körper auflösen? Gibt es ein Leben danach?

Ich liebe solche Gedankenspiele. Hätte nicht gedacht, dass ich mal so ein Buch finde, welches sich damit befasst und mit all den Variablen spielt, die sich während des Denkprozesses gebildet haben. Natürlich, es gibt da draußen einige Bücher, die mit dem „letzter Überlebender“ Gedanken spielen und eine Geschichte drumherum bauen. Johanna Wolfmann hat diesen nicht nur auf die Spitze getrieben, sondern auch unfassbar gut umgesetzt. Ihr bekommt hier eine unglaubliche Geschichte serviert. Ohne Leerläufe, seltsame Logiklöcher oder unglaubwürdige Erklärungen.

Es ist ein sehr tiefsinniger, ruhiger und detailverliebter Science-Fiction-Roman. Garniert mit etwas Dystopie. In jedem Absatz konnte ich, vor allem wegen des ausgezeichneten Schreibstils, jede Stimmung spüren. Jede neue Entdeckung der Gruppe passte perfekt in das bis zu dem Zeitpunkt erschaffene Gesamtbild hinein.

Die Unterteilung der einzelnen Schritte/Szenarien ist der Autorin super gelungen. Dadurch hatte alles seine Ordnung und ich verlor nie den Faden. Selbst wenn ich diesen verloren hätte, bei so vielen Details könnte das durchaus passieren, wird man relativ schnell wieder in die richtige Richtung gelotst. Fast so als würde das Universum höchst persönlich deine Hand halten und dir deine neue Zukunft zeigen. Die, kleiner Spoiler, von außen ein Paradies verspricht, aber von innen betrachtet alles andere als friedlich ist.

Wer bis hierhin durchgehalten hat. Danke fürs Lesen. 🙂

Wenn ihr auch nur ein wenig mit dem Thema anfangen könnt, schaut euch das Buch gerne genauer an und schreibt mir, wie es euch gefallen hat.

Bin gespannt mit welcher Geschichte Johanna Wolfmann uns als Nächstes überraschen wird.


Buchinformationen

Verlagtredition
AutorinJohanna Wolfmann
Erscheinungsjahr2021
GenreScience Fiction
Seiten580
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Über die Autorin

Johanna Wolfmann wurde in München geboren. Sie studierte Germanistik und Sozialkunde in Frankfurt am Main und hat viele Jahre im Marketing und Business Development gearbeitet. Sie ist freie Lektorin und Texterin. Unter Pseudonym hat sie Kurzgeschichten und Sachbücher geschrieben. »Als wir verschwanden« ist ihr erster veröffentlichter Roman.

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