[Rezension] Jacqueline Mayerhofer „Our Mechanical Hearts“

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Einleitung

Eine vollständig digitalisierte Zukunft konnten sich vor ein paar Jahren nur die wenigsten Menschen vorstellen.

Wie denn auch? Die Computer von vor 20-30 Jahren waren von der Leistung kaum vergleichbar mit der heutigen Technik. Jedes Mobiltelefon/Smartphone hat jetzt schon deutlich mehr Leistung.

Was ist dann der nächste Schritt? Die physikalischen Grenzen sind langsam ausgelotet. Die digitalen hingegen kaum angekratzt. Stellt euch vor, ihr würdet eure Arbeit ausschließlich im Cyberspace erledigen. Euer Vorgesetzter ist eine hochintelligente und (fast) ausschließlich rational handelnde Identität.

Wie lange würde es dauern, bis nicht mehr Androiden, sondern Menschen eine Seltenheit darstellen? Würde diese Herangehensweise an eine gut funktionierende Gesellschaft, welche ihren Planeten nicht mehr auslaugt, sondern pflegt, auf Dauer erfolgreich sein? Die Vorteile liegen ja auf der Hand. Keine unnötige Tierzucht und verschwenderischer Lebensmittelverbrauch mehr. Alleine die beiden Dinge würden unsere Heimat auf Dauer merklich entlasten. Sicher gibt es da einen Haken, oder?

Die Autorin Jacqueline Mayerhofer scheint sich ausgiebig Gedanken darüber gemacht zu haben und gewährt uns einen Einblick in eine tendenziell eher düstere Zukunft, in der Menschen die Sklaven der Maschinen sind. Nicht umgekehrt.

Dieses Buch habe ich auf der Vienna Comiccon gesehen und war sogar bei der Lesung dabei. Die gehörten Schnipsel haben mich neugierig gemacht.

Wie hat mir das Buch gefallen? Ist es am Ende doch der x-te Versuch aus „böse KI unterjocht Menschen“ eine brauchbare Geschichte zu machen? Seid gespannt.


Grober Handlungsverlauf

Julian Baldir lebt in einer Welt, in der Androiden oder Hilfsroboter nichts Außergewöhnliches mehr sind. Sie leben Seite an Seite mit den Menschen. Sogar die Chefetage auf seiner Arbeitsstelle wird von digitalen/mechanischen Lebensformen geleitet. Was von außen nach dem lange herbeigesehnten Paradies klingt, entpuppt innen als zu hart durchgeplante Utopie, in der die Menschen eine Fehlerquelle darstellen, die es zu beseitigen gilt. Dabei ist nicht gemeint, diese zu töten. Unruhestiftern droht ein ganz anderes Schicksal.

Auch wenn Julian schon lange den Verdacht hegt, dass mit der Super-KI etwas nicht stimmt, konnte er nie herausfinden, welche Pläne diese verfolgt. Nach der zufälligen Begegnung mit einem alten Androiden-Modell namens 1-NV-35 oder auch EnVau genannt, gewinnt sein Misstrauen immer mehr an Gewicht, bis er sich dazu entschließt, mit seinem neuen Freund Pläne zu schmieden, um schlussendlich gegen die scheinbare Übermacht vorzugehen.

Im Gegensatz zu Maschinen, die in aussichtslosen Situationen erst gar nicht nach einer Lösung suchen, sind Menschen durchaus in der Lage, das Unmögliche zu schaffen. Ob die unfehlbare KI auch das vorausberechnen kann?


Mein Fazit

Es ist schon eine Weile her, seit ich einen Roman aus diesem Genre gelesen habe. Nicht jede Handlung gefiel mir auf Anhieb. Viele Bücher waren mir zu klischeehaft oder zu einfach gestrickt. Dementsprechend mied ich dann irgendwann alles, was damit zu tun hatte, oder so ähnlich klang.

Nachdem ich auf der VIECC dieses Buch live vorgelesen bekommen habe, wollte ich dem Ganzen eine erneute Chance geben. Das Cover sah vielversprechend aus, der Klappentext klang simpel und versprach nicht zu viel. Nur das Wesentliche. Da ich kein Fan davon bin, wenn ich auf der Rückseite die halbe Handlung lesen kann, war ich davon recht angetan.

Der Anfang erklärte recht flott, worum es geht. Julian Baldir wohnt zusammen mit einem Mitbewohner in einer viel zu kleinen Wohnung. Die Preise und Löhne scheinen in dieser noch weiter auseinanderzuklaffen als bei uns. Dementsprechend ist alleine wohnen für unseren Protagonisten ein Wunschtraum. Aufgrund seines Jobs wird er von Menschen, die recht wenig von den mechanischen Lebensformen halten, angefeindet und schief angeschaut. Als ob er absolut freiwillig für den „Feind“ arbeiten würde.

Von da an machte mich das Buch noch neugieriger. Das klang bisher nicht nach dem üblichen Standard Plot.

Während seiner Schicht trifft er neben seinen menschlichen Arbeitskollegen auch auf eine Androidin, welche optisch, wie viele andere moderne Modelle auch, sehr menschlich wirkt, aber sich vom Verhalten her nicht weiter von ihrer Vorlage unterscheiden kann. Das scheint aber von der großen KI, der alle mechanischen Helferlein dienen, so gewollt zu sein. Es könnte sich durch ein freies Entfalten ein neues Bewusstsein entwickeln. Das will ja keiner. Menschen sind ja bekanntlich das beste Negativbeispiel dafür, wenn die vollständige Kontrolle fehlt.

Die alten Modelle, mit denen sich Julian nach besagtem Vorfall anfreundet, wirken dagegen sehr viel menschlicher. Nach und nach wird auch klar, dass es sogar unter mechanischen Individuen so etwas wie „Rassenunterschiede“ oder gar Rassismus gibt. Sieht man perfekt am überheblichen Verhalten der modernen Androiden. Warum sollten sich diese auch mit dem alten Schrott abgeben?

Die Art und Weise, wie die Autorin die Handlung erzählt hat, hat mir wirklich gut gefallen. Nicht zu hastig, aber nicht zu langsam. Immer der Situation entsprechend. Die grundsätzliche Stimmung fing sie ebenfalls perfekt ein. Genauso wie ich mir so eine Zukunft vorgestellt habe.

Das Ende inklusive Showdown und dem liebevoll erzählten Epilog rundeten das Gesamtwerk perfekt ab.

Wenn ihr das Buch noch nicht kennt, oder einen kurzweiligen Science-Fiction-Roman sucht, könnte es euch gefallen.


Buchinformationen

VerlagBoD – Books on Demand
AutorinJacqueline Mayerhofer
Erscheinungsjahr2022
GenreScience Fiction/Dystopie
Seiten196
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Informationen über die Autorin

Jacqueline Mayerhofer, Autorin und Lektorin, wurde 1992 in Wien geboren. Sie beendete ihre Schulausbildung 2012 mit der Matura an einer Schule mit Schwerpunkt für internationale Geschäftstätigkeit und Marketing. 2019 schloss sie ihr Studium der Deutschen Philologie mit dem Bachelor of Arts an der Universität Wien ab und widmet sich seither dem Masterstudiengang ihres Germanistik-Studiums. Neben Romanen und Novellen hat sie seit ihrem Debüt 2008 zahlreiche Kurzgeschichten in unterschiedlichen Anthologien veröffentlicht. Zusätzlich lektoriert sie regelmäßig für Kund:innen und Verlage. Seit 2016 schreibt sie auch Romane für andere Genres unter einem Pseudonym. Zu den jüngsten Romanveröffentlichungen zählen ihre SciFi-Novellenreihe „Hunting Hope“ beim Verlag in Farbe und Bunt sowie ihre Cyberpunk-Novelle „Our Mechanical Hearts“. Weitere Informationen unter: www.jacquelinemayerhofer.at oder auf Facebook / Twitter / Instagram.

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